Er war „Die Axt“ und ein Techniker im Mittelfeld

Ex-Nationalspieler Ulli Borowka liest aus seiner Autobiografie und spricht offen mit Schülern des GSG über seine Erfahrungen mit der Alkoholsucht

Am 06.11.2018 fand auf Einladung des Vereins der Förderer und Ehemaligen des GSG (VFE) eine viele Schüler beeindruckende Lesung mit Ulli Borowka zum Thema Sucht statt. Rund 450 Schüler folgten der Einladung, sodass die Aula fast aus allen Nähten platzte. Herr Björn Meyer, der Vorsitzende des VFE, verdeutlichte in seiner Begrüßungsansprache die Dringlichkeit des Themas mit dem Hinweis, dass Sucht jeden etwas angehe und auch jeden treffen könne.

Nach den einleitenden Worten beginnt der Ex-Nationalspieler die Lesung mit den ersten Passagen aus seiner Autobiographie: „Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“. Ulli Borowka, der den Spitznamen „Die Axt“ getragen und zu seiner aktiven Zeit bei Werder Bremen jeden Angreifer das Fürchten gelehrt hat, erzählt authentisch und nachdrücklich von den Höhepunkten seiner Karriere und von seinem Totalabsturz in die Alkohol- und Tablettensucht. Die Situation nach seinem Rauswurf aus dem Verein, die Trennung von seiner Familie und einen Suizidversuch schildert er pointiert mit den Worten: „Ich bin da, das leere Haus, die Matratze und der Keller voller Alkohol“.

Eindringlich berichtet Borowka auch davon, wie er betrunken trainierte und sich nach den Spielen mit Alkohol belohnte. „Warum hat Ihnen denn keiner geholfen?“, fragt eine Schülerin. Borowka entgegnet ihr, dass er auf dem Platz eine Ritterrüstung angehabt habe. Diese habe er dann auch abseits des Platzes nicht mehr ablegen können. „Selbst meine Mitspieler hatten Angst vor mir“, so Borowka. So wird vielen durch die persönlichen Erfahrungen des Nationalspielers anschaulich vermittelt, welche Bedingungen und Schritte in die Sucht hineinführen und wie die soziale Isolation den Absturz in die Abhängigkeit beschleunigen kann.

Die dann beschriebene Zeit des Auf und Ab bei der Suche aus der Sucht heraus, die kontrastreichen Erfahrungen Borowkas, wie seine Entziehungskur im Jahr 2000, der Verlust von Leidensgenossen an den Alkohol und der soziale Abstieg, sind für die Schüler nicht weniger interessant, wie die große Aufmerksamkeit und konzentrierte Atmosphäre während der gesamten Veranstaltung zeigt.

Den oft sehr persönlichen und direkten Nachfragen der Schüler stellt sich der Ex-Nationalspieler bis zum Schluss. So wird den Schülern nahegebracht, welche Erfahrungen er als Süchtiger gemacht hat und wie er als Abstinenzler lebt – der ständigen Gefahr ausgesetzt, rückfällig zu werden. „Jeder Tag, an dem ich trocken bin, ist mir wichtiger als jeder Titel“, entgegnet Borowka z.B. auf die Frage, woher er denn die Kraft nehme, sich immer wieder gegen die Sucht zu stellen.

Gegen Tabuisierung und Verdrängung anzukämpfen und offen über die Sucht und ihre Folgen zu sprechen, diese überzeugende Haltung Borowkas wurde von den Schülern und Lehrern mitgenommen in die Klassenräume, in denen in kleinem Kreis das Thema Sucht nochmals aufgegriffen werden konnte.